Fraunhofer IOF zieht erfolgreiche Bilanz im Projekt QUANTIFISENS

Die Augen und Ohren der KI

Jena /

Mit rund zwölf Millionen Euro hat das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt BMFTR das regionale Forschungsbündnis QUANTIFISENS in Thüringen gefördert. Die Bilanz ist positiv: Der Verbund hat neue faser- und quantenbasierte Sensortechnologien entwickelt und den Freistaat weiter als Zentrum für optische Spezialfasertechnologien etabliert.

Sensoren sind die stillen Helden des KI-Zeitalters: Sie eröffnen Menschen und Maschinen ungeahnte Einblicke in die Welt um und sogar in uns. Dementsprechend wichtig ist es, neue Technologien für kleine, präzise und langlebige Sensoren zu entwickeln.

In Thüringen hat die Entwicklung feinster Sensortechnologien eine lange Tradition, gerade bei optischen Technologien. Unterstützt durch das Förderprogramm RUBIN (»Regionale Unternehmerische Bündnisse für Innovation«) haben sich in den letzten drei Jahren elf Unternehmen und zwei Forschungseinrichtungen im Bündnis QUANTIFISENS zusammengeschlossen, um auch in Zukunft an der Weltspitze mitzuspielen. Mit zwölf Millionen Euro Förderung haben sie neuartige Sensoren entwickelt, die vor allem auf Spezialglasfasern beruhen.

»Der effektive Wissenstransfer zwischen Forschung und Industrie ist unser Wettbewerbsvorteil. Da ist die Fraunhofer-Gesellschaft weltweit führend«, fasst Dr. Stephanie Hesse-Ertelt, leitende Forschungs- und Entwicklungskoordinatorin des QUANTIFISENS-Verbunds, zusammen.

Medizinische Bildgebung neu gedacht

© Fraunhofer IOF
Demonstration der für den Einsatz im OP entwickelten Fasersonde.

Ein Highlight des Projekts war die Entwicklung einer selbstnavigierenden, bildgebenden Fasersonde für den Einsatz im OP. Sie erlaubt Ärztinnen und Ärzten, während einer Operation Gewebe im Körper – zum Beispiel im Herzen – zu sehen. Laserbeleuchtung und drei verschiedene Bildgebungsmodi erlauben dabei, unterschiedliches Gewebe auch unterschiedlich sichtbar zu machen.

Zusätzlich lässt sich über kleine Veränderungen der Laserstrahlung messen, wie stark und in welche Richtung die Faser gebogen ist. Durch moderne Kalibrierungsverfahren in Verbindung mit KI-gestützter Datenauswertung »weiß« die Sonde immer, wo sie ist. Dadurch wird belastende Röntgenstrahlung während der OP unnötig. Eine VR-Brille visualisiert die Bilder in Echtzeit und eröffnet neue Möglichkeiten für schonendere und präzisere Eingriffe. Das System wurde als Demonstrator aufgebaut und steht für weitere Tests zur Verfügung.

Bauwerke hören

Meistens nutzt man Glasfasern zum Sehen oder wenigstens, um optische Signale zu übertragen. Glasfasern können aber auch akustische Signale erfassen – man könnte sagen: sie »hören«. Der Hintergrund dabei ist, dass auch kleinste Erschütterungen eine Veränderung der übertragenen optischen Signale bewirken. Mit entsprechender Messtechnik werden diese Signale ausgewertet und Veränderungen im Umfeld der Fasern berechnet.

Den Teams aus dem Fraunhofer IOF und einem Telekommunikationsausrüster im Projekt QUANTIFISENS ist es dabei gelungen, Geräusche und Temperaturveränderungen simultan zu detektieren und dabei zu unterscheiden. Dafür wurden Spezialfasern entwickelt und zusammen in einem Kabel verbaut. So ein Kabel kann in einem Gebäude verlegt werden und »hört« über die jeweilige Faser, ob es Spannungen im Beton gibt oder z.B. ein Feuer ausgebrochen ist.

© FBGS Technologies GmbH
Kabel mit Spezialfaser für den Einsatz auf einer Baustelle.

Beiträge des Fraunhofer IOF: Von Spezialfasern bis Quantenbildgebung

Die Teams am Fraunhofer IOF bauen bei Projekten wie diesen auf jahrzehntelange Erfahrung – sowohl bei der Technologieentwicklung als auch bei der Zusammenarbeit mit Industriepartnern und beim Technologietransfer. Das Technologieportfolio ist dabei breit: Für QUANTIFISENS wurden neben anwendungsspezifischen Spezialfasern auch Methoden der Quantenbildgebung entwickelt.

Bei der Quantenbildgebung wird ein Lichtstrahl auf ein Objekt geschickt und ein anderer auf einen Detektor. Über den Informationsaustausch beider Strahlen in einem hierfür notwendigen nichtlinearen Kristall, kommt die Bildinformation vom Objekt zum Detektor, obwohl beide Stahlen verschiedene Wellenlängen nutzen. Das ermöglicht eine extrem empfindliche Abbildung trotz niedrig-energetischer Durchstrahlung von Gewebe, zum Beispiel in der Medizin und in der Materialwissenschaft.

Nachhaltige Wirkung und Ausblick

Um Innovationen auch nachhaltig in die Wirtschaft zu bringen, braucht es starke Netzwerke entlang der Wertschöpfungskette. Im Projekt QUANTIFISENS wurde genau das erreicht: Die Partner entwickelten nicht nur eine Plattformtechnologie, sondern auch ein starkes regionales Netzwerk.

In der jetzt startenden Verwertungsphase sollen die Ergebnisse in Produkte überführt werden. Schon heute laufen Gespräche über Nachfolgeprojekte, bei denen Hard- und Softwarehersteller eng zusammenarbeiten. Künstliche Intelligenz spielt dabei eine große Rolle, sie ist bei der Auswertung der komplexen Signale ihrer »Augen und Ohren« entscheidend. So wirkt QUANTIFISENS weit über den Projektzeitraum hinaus und stärkt die Rolle von Thüringen als Standort für photonische Zukunftstechnologien.

© FBGS Technologies GmbH
Schematische Darstellung: Hochmoderne Fasersonden sollen in der medizinischen Bildgebung sowie zur digitalen Überwachung von Infrastrukturen zum Einsatz kommen.