Forschungsfabrik für Quanten- und neuromorphes Computing gestartet

Kooperation »FMD-QNC« will industrielle Anwendung neuester Quanten- und neuromorpher Computerhardware beschleunigen

 

Jena | 16. Januar 2023

 

Zahlreiche Forschungsprojekte in Deutschland widmen sich dem Quantencomputing sowie dem neuromorphen Computing. Häufig fehlt es jedoch an Möglichkeiten, um wichtige Hardware-Entwicklungen anwendungsnah zu testen und in Prototypen zu überführen. Das will ein neuer Forschungsverbund künftig ändern: Die »Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland« hat im Dezember 2022 das »Modul Quanten- und neuromorphes Computing« (FMD-QNC) gestartet, um Fachwissen zu bündeln und schneller in die industrielle Anwendung zu überführen. Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF ist Mitglied dieses neuen Verbundes.

Die Zukunft des Computing hält großes für uns bereit: seien es vielversprechende Fortschritte in der Künstlichen Intelligenz, Augmented Reality oder auch umfassende, computergestützte Simulationen etwa in der Chemie und Pharmazie, um Medikamente und Impfstoffe schneller entwickeln zu können. Mit diesen neuen Möglichkeiten lässt sich das Leben der Zukunft sicherer und effizienter gestalten. Jedoch erfordern diese Anwendungen enorme Rechenleistungen. Konventionelle Rechner kommen da schnell an ihre Grenzen. Das Quantencomputing (QC) sowie neuromorphes Computing (NC) bieten hier vielversprechende Lösungsansätze, um Rechner der Zukunft deutlich leistungsfähiger zu machen. Beide gelten als die wesentlichen Grundlagen des »Next Generation Computing«.

© Fraunhofer Mikroelektronik
Logo »Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland – Modul Quanten- und neuromorphes Computing«.

Überall in Deutschland wird daher bereits in zahlreichen grundlagenorientierten Forschungsprojekten in den Bereichen QC und NC gearbeitet. Häufig fehlen jedoch noch ausreichend Möglichkeiten, um neueste Hardware-Entwicklungen anwendungsnah zu testen sowie um Forschungsergebnisse in Prototypen und Kleinserien zu überführen. Diese Lücke will die »Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland« (FMD) schließen. Zum Ausbau und zur Bündelung der Mikroelektronik-Forschungsstrukturen in Deutschland haben die 13 Institute der FMD mit den vier Fraunhofer-Instituten IMWS, IPM, ILT und IOF sowie dem Forschungszentrum Jülich und der AMO GmbH im Dezember 2022 nun ein gemeinsames Vorhaben gestartet: Die »Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland – Modul Quanten- und neuromorphes Computing«, kurz: FMD-QNC. Ziel des Projektes ist es, bereits vorhandenes Fachwissen gemeinsam auszubauen und dessen Transfer in die industrielle Anwendung zu beschleunigen. Zu diesem Zweck soll der gerätetechnische und strukturelle Aufbau einer Infrastruktur für wegweisende Forschung und Entwicklung in den Bereichen QC und NC erfolgen.

Im Verbund FMD-QNC sollen durch die Partner gemeinsam Lösungen für die teilweise extremen Betriebsumgebungen (etwa wie Vakuum, kryogene Temperaturen oder elektromagnetische Abschirmung) von Quanten- und neuromorphen Rechnern erarbeitet werden. Damit werden die prozesstechnischen und technologischen Voraussetzungen für Design, Herstellung und Charakterisierung von Chips für neuromorphes Computing sowie auch verschiedene QC-Technologien (supraleitend-, Neutralatom-, Ionenfallen- und Quantenpunkt-basiert) geschaffen.

Neuromorphes Computing: Schlüsseltechnologie für Künstliche Intelligenz

Neuromorphe Computer orientieren sich am Aufbau eines biologischen Nervensystems. Sie sollen die Fähigkeiten der Selbstorganisation und damit des Lernens eines Gehirns nachempfinden und werden daher als Schlüsseltechnologie im Bereich Künstliche Intelligenz betrachtet. Die Aufgaben der Neuronen im Gehirn übernehmen im neuromorphen Computing z. B. CMOS-Memristoren, welche ähnlich den Neuronen über Synapsen miteinander in Verbindung stehen. Neuromorphe Computer weisen damit ein enormes Potenzial in der Mustererkennung, -analyse und -vorhersage auf und haben ein hohes Anwendungspotenzial in Bereichen wie der medizinischen Diagnostik oder der Erkennung von Sprachmustern auf.

Ein Quantencomputer indes erlaubt ein deutlich schnelleres und effizienteres Arbeiten als ein herkömmlicher Rechner. Anders als ein klassischer Computer, der nur in zwei Zuständen »denken« kann, nämlich Null und Eins, macht sich der Quantencomputer Quanteneffekte z. B. verschränkter Photonen zu Nutze. Auf diese Weise können seine Recheneinheiten, sogenannte »QuBits«, mehrere Zustände zugleich annehmen.

© Fraunhofer Mikroelektronik
Mit der »Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland – Modul Quanten- und neuromorphes Computing« ist ein neuer, deutschlandweiter Verbund zur Entwicklung der zukünftigen Hardware-Basis für neuartige Rechentechnologien gestartet.

Kooperationspartner der FMD-QNC

 

Das Vorhaben FMD-QNC wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert und wird auf europäischer Ebene durch das Projekt »PREVAIL«, das zeitgleich startet, ergänzt. In letzterem Projekt arbeiten die vier Forschungsorganisationen CEA-Leti, die Fraunhofer-Gesellschaft, imec und VTT zusammen, um eine vernetzte 300-mm-Technologie-Plattform zur Herstellung von Chip-Prototypen für fortschrittliche Anwendungen der Künstlichen Intelligenz und des neuromorphen Computings zu schaffen.

Der »Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland – Modul Quanten- und neuromorphes Computing« gehören neben dem Fraunhofer IOF die folgenden Partner an: ForAMO GmbH, Forschungszentrum Jülich GmbH, Fraunhofer-Einrichtung für Mikrosysteme und Festkörper-Technologien EMFT, Fraunhofer-Institut für Elektronische Nanosysteme ENAS, Ferdinand-Braun-Institut gGmbH, Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR, Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz-Institut HHI, Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF, IHP GmbH - Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik, Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS, Fraunhofer-Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB, Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen IMS, Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS, Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM, Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS, Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT, Fraunhofer-Institut für Siliziumtechnologie ISIT, Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM.

© Fraunhofer Mikroelektronik
Partner der »Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland – Modul Quanten- und neuromorphes Computing«.

Über die Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland

 

Die »Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland« (FMD) als Kooperation des Fraunhofer-Verbunds Mikroelektronik mit den Leibniz-Instituten FBH (Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik) und IHP (Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik) ist der zentrale Ansprechpartner für alle Fragestellungen rund um die Mikro- und Nanoelektronik in Deutschland und Europa. Als One-Stop-Shop verbindet die FMD seit 2017 wissenschaftlich exzellente Technologien und Systemlösungen ihrer 13 kooperierenden Institute aus Fraunhofer-Gesellschaft und Leibniz-Gemeinschaft zu einem kundenspezifischen Gesamtangebot. Unter dem virtuellen Dach der FMD entstand somit der europaweit größte Zusammenschluss dieser Art mit mehr als 4.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und einer einzigartigen Kompetenz- und Infrastrukturvielfalt. Von 2017 bis 2021 unterstützte das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Modernisierung der Forschungsinfrastruktur aller 13 beteiligten Institute.