Mit Quantenoptik Tumoren auf der Spur

Neues Forschungsbündnis QUANCER setzt Quantenbildgebung zur Krebsdiagnostik ein

Jena / 27. April 2023

Das Forschungsbündnis QUANCER forscht an einem neuen Bildgebungsverfahren für die Krebsdiagnostik mittels Quantenmikroskopie. Das Bündnis bestehend aus neun Partnern aus Wissenschaft und Industrie, darunter das Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF, treibt damit eine neuartige Tumordiagnostik voran.

Die Quantenbildgebung ermöglicht Einblicke in bislang unsichtbare Wellenlängenbereiche. Davon soll in Zukunft auch die Tumordiagnostik profitieren. Das Forschungskonsortium QUANCER entwickelt hierzu Quantenmikroskopie mit nicht-detektiertem Licht zur chemisch-selektiven Bildgebung von Tumorgewebe im klinischen Umfeld.

Innerhalb der Krebsdiagnostik kommen unterschiedliche Bildgebungsverfahren zum Einsatz, die Tumorgewebe aufspüren und sichtbar machen sollen. Der bisherige Goldstandard in der pathologischen Diagnostik wird durch langwierige Kontrastverfahren in Kombination mit Lichtmikroskopie gebildet. Ein aktueller Trend in der Erkennung von Tumorgewebe ist die digitale Pathologie. Hier kommen hauptsächlich Digitalmikroskope zum Einsatz, welche um die Infrarot-Mikroskopie erweitert werden könnten. Diese ermöglicht das Sichtbarmachen von Gewebe ohne den zusätzlichen Einsatz von Kontrastmitteln. Da Infrarotdetektoren in ihrer Effizienz und dem Signal-zu-Rauschverhältnis limitiert sind, stößt diese Methode jedoch an ihre Grenzen.

Bildgebung mit verschränkten Lichtteilchen
 

An diese Problematik knüpft das Forschungsvorhaben von QUANCER an. Durch den Einsatz von Quantenbildgebungsverfahren mit nicht-detektiertem Licht können die bisherigen Grenzen der Infrarot-Mikroskopie überwunden werden. Dafür werden Paare von korrelierten Photonen, also Lichtteilchen, erzeugt. Eines wird jeweils auf die Gewebeprobe gesendet, das andere mit einer Kamera detektiert.

Durch die Verschränkung der Teilchen wird die von den Photonen am Gewebe aufgenommene Information an die von der Kamera zu detektierenden Photonen übertragen und dort sichtbar gemacht. Der besondere Clou dabei: Die Photonen der beiden Lichtstrahlen können verschiedene Wellenlängen besitzen. So können über den Lichtstrahl, der mit der Probe wechselwirkt, mittels eines spezifischen Spektralbereichs spezielle Informationen aus der Probe ausgelesen werden, während der andere Lichtstrahl z. B. im sichtbaren Bereich liegt und daher von einem kommerziell verfügbaren hocheffizienten, rauscharmen Detektor ausgelesen werden kann.

Nichtlineares Interferometer im experimentellen Aufbau zur Quantenbildgebung.
© Fraunhofer IOF
Experimenteller Aufbau eines nichtlinearen Interferometers für „spukhafte" Quantenbildgebung mit nichtdetektiertem Licht.

 

Neuartige Tumordiagnostik auf Basis quantenoptischer Bildgebung
 

Die Forschenden im Projekt QUANCER verbinden Quantenbildgebung mit nicht-detektiertem Licht mit einem professionellen Mikroskopiesystem. Ziel ist die klinische Demonstration einer neuartigen Tumordiagnostik auf Basis quantenoptischer Bildgebung durch den Bau eines Rastermikroskops im mittleren Infrarotbereich. Nach der Entwicklung und dem Aufbau des Systems, soll der Demonstrator am Universitätsklinikum Jena zum Einsatz kommen und dort an Kopf- und Halstumorzellen sowie Hirntumorzellen getestet werden.

Die Quanten-Infrarot-Mikroskopie, wie sie durch QUANCER weiterentwickelt wird, erlaubt die chemisch-selektive Bildgebung und damit das Aufspüren und Spezifizieren von Tumorgewebe, aber auch anderen Veränderungen in der Gewebemorphologie. Perspektivisch lässt sich damit ein neues Werkzeug für die Krebsdiagnostik entwickeln. Das Prinzip des Verfahrens kann ebenfalls auf andere Bereiche ausgeweitet werden und beispielsweise der Detektion von Mikroorganismen, Viren und Giften dienen.

Die Partner im Projekt QUANCER
 

Die Leitung des Projektes hat die Rapp OptoElectronic GmbH inne. Neben dem Fraunhofer IOF sind als Partner weiterhin die Technische Universität Darmstadt, das Leibniz-Institut für Photonische Technologien e.V., die TOPTICA Photonics AG, das Institut für Angewandte Physik der Friedrich-Schiller-Universität Jena, das Institut für Laserphysik der Universität Hamburg, die Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde am Universitätsklinikum Jena sowie die n-Hands GmbH & Co. KG beteiligt.

Das Forschungsprojekt (Förderkennzeichen: 13N16442) hat ein Budget von 6,7 Millionen Euro und wird mit 5,6 Millionen Euro im Rahmenprogramm »Quantentechnologien – von den Grundlagen zum Markt« vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.