Projekt QuNET erreicht mit Schlüsselexperiment weiteren Meilenstein

Grundlage für das zukünftige Quantennetz: Quantenkanäle im Flug getestet

Oberpfaffenhofen / Erlangen /

Mit einem Flugexperiment zwischen Oberpfaffenhofen und Erlangen ist heute das neuste Schlüsselexperiment der Initiative QuNET erfolgreich zu Ende gegangen. Das Flugzeug bildete einen mobilen Knoten in einem Quantennetz und stellte eine Verbindung zu einer Bodenstation her. Dort wurden die Photonen erfolgreich empfangen und vermessen. Die Technologien aus dem demonstrierten Schlüsselexperiment sind wegweisend für zukünftige sichere Quantenkommunikation.

Es ist nicht einfach, einzelne Photonen von einem Flugzeug aus gezielt auf den Weg zu bringen, in einer Bodenstation einzufangen und auch zu erkennen. Forschenden ist das jetzt gelungen: Sie haben sogar mehrfach verschiedene Quantenkanäle zwischen einem Flugzeug und einer Bodenstation vermessen, Photonen an eine Ionenfalle geschickt und Technologien zur Quantenschlüsselverteilung getestet. Das Flugexperiment fand im Rahmen der QuNET-Initiative statt, die Technologien zur quantengesicherten Kommunikation entwickelt. Mit Photonen, also Lichtteilchen, können quantenkryptographische Schlüssel erzeugt werden, die die Kommunikation der Zukunft praktisch abhörsicher machen. Die Technologien sind außerdem wegweisend für ein zukünftiges Quanteninternet, das Quantencomputer miteinander verbindet.

Ein Flugzeug des DLR steht in einem Hangar.
© DLR
Das Flugexperiment wurde mit einem Forschungsflugzeug des DLR umgesetzt.

An dem Experiment waren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), dem Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts (MPL), der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen (FAU) sowie aus den Fraunhofer Instituten für Angewandte Optik und Feinmechanik (IOF) und Heinrich Hertz Institut (HHI) beteiligt. Die Ergebnisse wurden nun dem Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) vorgestellt, das die QuNET-Initiative fördert. Die Quantenschlüsselverteilung ist für die Kommunikation von Regierungen und Behörden besonders wichtig, aber auch generell, um künftig Infrastruktur und Daten des täglichen Lebens zu schützen.

»Wir arbeiten an praxistauglichen Lösungen für die satellitenbasierte Quantenkommunikation, mit der Quantenzustände über große Distanzen übertragen und sichere Schlüssel erzeugt werden können. In der Glasfaser ist dies nur über wenige 100 Kilometer möglich. Die Quantenverschlüsselung via Satellit hingegen ermöglicht beliebig größere Distanzen auf der Erde«, erklärt Florian Moll vom DLR-Institut für Kommunikation und Navigation die zukünftige Technologie. Um lange Strecken zu überwinden, sollen Satelliten, Flugzeuge oder andere mobile Plattformen künftig ein Teil von Quantennetzen werden.

Geflogen wurde beim aktuellen Experiment mit einem DLR-Forschungsflugzeug der Einrichtung Flugexperimente. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben ein optisches Kommunikationsterminal in die Dornier 228 eingebaut. Das Flugzeug bildete einen mobilen Knoten in einem Quantennetz und stellte eine Verbindung zu einer optischen Empfangsstation am Boden her. Diese Bodenstation ist ein mobiler Container mit integriertem Empfangsterminal, der sogenannte QuBUS, bereitgestellt vom Fraunhofer IOF aus Jena.

Ein weißer Container steht auf einer freien Wiese. Auf dem Dach des Containers steht ein Mann, der an der ebenfalls auf dem Dach montierten Empfangseinheit arbeitet.
© DLR
Der QuBUS, ein mobiler Container, ist die optische Bodenstation zum Empfang der Signale.

Fraunhofer IOF verantwortlich für Tracking und Faserkoppelung

Die Erforschung moderner Systeme zur hochsicheren Quantenkommunikation ist seit vielen Jahren ein Forschungsschwerpunkt des Fraunhofer IOF. In die jüngste Flugkampagne der QuNET-Initiative brachten die IOF-Forschenden ihr Knowhow gleich auf mehreren Ebenen ein: An Bord des DLR-Forschungsflugzeuges flog ein in Jena entwickeltes Modul mit integrierter Photonenpaarquelle zur Erzeugung quantenverschränkter Lichtteilchen mit. Diese Teilchen wurden vom Flugzeug an den QuBUS gesendet. Dort stellt ein spezielles Tracking sicher, dass das Empfangsterminal der Bodenstation das Flugzeug in seiner Bewegung nachverfolgt und die Verbindung aufrechterhält. Bei dem Austausch der Teilchen durch die Luft hindurch treten notwendigerweise atmosphärische Turbulenzen und Störungen auf. Diese zu korrigieren und damit für eine stabile Verbindung zu sorgen, ist Aufgabe eigens in Jena entwickelter adaptiver Optiken.

Für das aktuelle Experiment haben in den vergangenen Monaten mehrere Forschungsflüge über Erlangen stattgefunden, da die Ionenfalle zur Vermessung der empfangenen Lichtteilchen im Labor des ortsansässigen MPL aufgebaut ist. Vom QuBUS aus wurden die per Freistrahl eingefangenen Signale dafür anschließend in eine Glasfaser eingespeist und damit an die experimentellen Aufbauten im QuBUS sowie an die Labore des MPL weitergeleitet. Diese Einkopplung der Signale in die Glasfaser fiel gleichermaßen in die Verantwortung der Fraunhofer-Forschenden. »Das Tracking sowie die Faserkopplung, die vom Fraunhofer IOF bereitgestellt wurden, boten damit die notwendige Umgebung für die eigentlichen Experimente«, erklärt Christopher Spiess vom Fraunhofer-Institut aus Jena.

Blick ins Innere des Containers. Dort sitzen zwei Fraunhofer-Forscher an einem Schreibtisch und schauen auf einen PC-Bildschirm, um eingehende Signale auszuwerten.
© MPL
Im Inneren des QuBUS prüfen IOF-Forschende den Empfang der Signale und die Einkopplung in die Glasfaser.
Ein weißer Container steht umzäunt auf einer Wiese. Im Hintergrund ist ein großes Gebäude zu sehen.
© MPL
Der QuBUS (weißer Container rechts vorn) empfängt als optische Bodenstation die vom Flugzeug gesendeten Signale und leitet sie an das benachbarte MPL (Gebäude im Hintergrund) weiter.
Nahaufnahme vom Dach des weißen Containers. Dort ist eine Empfangseinheit zu sehen, die die Signale des Flugzeugs aufgreift.
© DLR
Auf dem Dach des QuBUS befindet sich das Empfangsteleskop für den Quantenkanal.
Aufnahme vom Inneren des Containers. Zu sehen ist ein optischer Tisch, auf dem eine Vielzahl optischer Bauteile aufgebracht sind. Eine Hand justiert an den Bauteilen.
© MPL
Optischer Aufbau zur Signalverarbeitung mit adaptiven Optiken im Inneren des QuBUS.

Technisch hochkomplex

Einzelne Photonen sind schwierig zu handhaben: Für die Quantenkommunikation müssen sie mit hoher Qualität erzeugt werden und auch unter starken äußeren Störeinflüssen klar detektiert werden. Für bestmögliche Ergebnisse muss außerdem die Wellenlänge der Photonen präzise eingestellt werden. »Wir haben in den verschiedenen Versuchen gezeigt, dass das möglich ist. Die Vorgehensweise, die wir getestet haben, ist nicht nur von Flugzeugen aus möglich, sondern auch von Satelliten«, ergänzt Florian Moll.

Die Zustände der »fliegenden« Teilchen konnten in Messungen an der Ionenfalle des MPL erfolgreich nachgewiesen werden – was ein Ziel des Experiments war. Diese Kommunikationstechnologie kann zum Beispiel auch für die Anbindung von Quantenspeichern oder Quantencomputern in einem zukünftigen Quantennetz verwendet werden.

Fragen und Antworten zur Initiative QuNET

Zahlen und Fakten zur Initiative QuNET

Start: Herbst 2019

Laufzeit: 7 Jahre

Fördermittelgeber: Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR)

Volumen: 125 Millionen Euro Förderung (geplant)

Webseite: www.qunet-initiative.de

Beteiligte:

  • Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF
  • Fraunhofer Heinrich-Hertz-Instituts (HHI)
  • Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts (MPL)
  • DLR-Institut für Kommunikation und Navigation
  • Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)
Logo der QuNET-Initiative
© Fraunhofer IOF
In der QuNET-Initiative sollen Grundlagen und Technologien u. a. für eine quantensichere Vernetzung (bspw. zwischen Behörden) entwickelt werden.

Über die QuNET Initiative

QuNET (Quantum Network) ist eine vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) geförderte Pilotinitiative zur Erforschung hochsicherer Kommunikationssysteme basierend auf Quantenkommunikationstechnologien. QuNET startete im Herbst 2019 und wurde für eine Dauer von sieben Jahren geplant. Das BMFTR fördert QuNET mit 125 Millionen Euro. Beteiligt sind neben dem DLR-lnstitut für Kommunikation und Navigation auch das Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF, das Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI), das Max-Planck­ Institut für die Physik des Lichts (MPL), sowie die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU).

QuNET will Grundlagen für sichere und robuste IT-Netze schaffen, die bereits heute gegen Cyberangriffe von morgen gewappnet sind. Die Sicherheit von IT-Kommunikationsnetzen beruht aktuell vor allem auf mathematischen Annahmen. Diese bieten gegen Zukunftstechnologien, wie zum Beispiel leistungsfähige Quantencomputer, keinen ausreichenden Schutz mehr.


Die Partner der QuNET Initiative

Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF mit Sitz in Jena forscht an der Weiterentwicklung von Licht als Mittel zur Lösung unterschiedlichster Fragestellungen und Anwendungsszenarien. Die Arbeit des 1992 gegründeten Forschungsinstituts konzentriert sich daher auf die anwendungsorientierte Forschung an der Lichtentstehung, Lichtführung und Lichtmessung. Gemeinsam mit Forschenden aus der Grundlagenforschung und Industrie entstehen innovativen Lösungen, die in der Wissenschaft und Wirtschaft einen technologischen Vorteil bedeuten und für die Photonik neue Anwendungsfelder erschließen.

Innovationen für die digitale Gesellschaft von morgen stehen im Mittelpunkt der Forschungsarbeit des Fraunhofer Heinrich-Hertz-Instituts (HHI) in Berlin. Dabei ist das 1928 gegründete Institut weltweit führend in der Erforschung von mobilen und optischen Kommunikationsnetzen und -systemen sowie der Kodierung von Videosignalen und Datenverarbeitung. Gemeinsam mit internationalen Partnern aus Forschung und Industrie arbeitet das Fraunhofer HHI im gesamten Spektrum der digitalen Infrastruktur – von der grundlegenden Forschung bis zur Entwicklung von Prototypen und Lösungen. Das Institut trägt signifikant zu den Standards für Informations- und Kommunikationstechnologien bei und schafft neue Anwendungen als Partner der Industrie.

Das Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts (MPL) in Erlangen deckt ein breites Forschungsspektrum ab, darunter nichtlineare Optik, Quantenoptik, Nanophotonik, photonische Kristallfasern, Optomechanik, Quantentechnologien, Biophysik und – in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Zentrum für Physik und Medizin – Verbindungen zwischen Physik und Medizin. Das MPL wurde im Januar 2009 gegründet und ist eines der über 80 Institute der Max-Planck-Gesellschaft, die Grundlagenforschung in den Natur-, Bio-, Geistes- und Sozialwissenschaften im Dienste der Allgemeinheit betreiben. Heute arbeiten knapp 400 Menschen aus rund 40 Nationen am Institut. Die Forscherinnen und Forscher verfügen zum Teil über jahrzehntelange Erfahrung im Bereich der Quantenkommunikation. Dabei verwenden sie auch Telekom-Technologie für den Austausch von Quantenschlüsseln, was erlaubt, die Verfahren schnell kommerziell zu nutzen. Darüber hinaus untersucht das Institut seit mehr als zehn Jahren, wie sich die Schlüssel am Boden mit Laserlicht über mehrere Kilometer übertragen lassen (Freistrahlverbindung genannt) oder per Satellit über größere Distanzen. Dabei ist das MPL – auch in Zusammenarbeit mit der nationalen Industrie – an vielen großen nationalen und internationalen Projekten maßgeblich beteiligt.

Das DLR-Institut für Kommunikation und Navigation widmet sich der missionsorientierten Forschung in ausgewählten Bereichen der Kommunikation und Navigation. Seine Arbeiten reichen dabei von den theoretischen Grundlagen bis hin zur Demonstration neuer Verfahren und Systeme im realen Umfeld. Das Institut hat Standorte in Oberpfaffenhofen und Neustrelitz. Es erarbeitet Lösungen zur globalen Vernetzung von Mensch und Maschine, zur hochpräzisen und zuverlässigen Positionierung für zukünftige Navigationsanwendungen sowie Verfahren für autonome und kooperative Systeme im Verkehr und in der Exploration. Darüber hinaus befasst sich das Institut mit der Cybersicherheit. Zu den Schwerpunkten in diesem Bereich zählen u. a. die Post-Quantum-Kryptografie und die Übertragung von Quantenschlüsseln per Satellit.

Die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), gegründet 1743, ist mit rund 40.000 Studierenden, über 600 Professorinnen und Professoren und etwa 16.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine der größten Universitäten in Deutschland. Das forschungsstarke Department Physik betreibt eine enge Kooperation mit dem Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts (MPL). Der Lehrstuhl für Optische Quantentechnologien geleitet von Prof. Dr. Christoph Marquardt, beschäftigt sich mit der Implementierung von Quanten-Protokollen. Weltweite Quantenkommunikation erfordert die Integration der QKD-Geräte in existierende Infrastrukturen, bestehend aus Glasfasernetzen, Verschlüsselungs-Hardware und Satellitenverbindungen. Der Lehrstuhl gehört zu den weltweit führenden Gruppen in der Satelliten-basierten Quantenkommunikation.